Schöne Grüße von Tom Waits

 

Viel Platz ist nicht mehr in dem Regal, wo insgesamt 63 LPs und CDs von Franz Zappa sowie einige weitere musikalische Schmankerl stehen. Und alles kommt dort sowieso nicht hin. Aber "The Long Way Home" von Gorilla Rodeo! passt noch neben die LP "Trout Mask Replica" des unlängst verstorbenen Captain Beefheart, neben "Apostrophe" seines Jugendfreundes Frank Zappa und "Rain Dogs" von Tom Waits. Denn die neue CD der Ingolstädter Band ist ohne Zweifel ein kleines Meisterwerk.


Als Gorilla Rodeo! jetzt das Werk mit seinen zehn Songs (plus einige Stücke der ersten EP "The Great Gorilla Rodeo Ride") im rappelvollen Englwirt vorstellten, zeigte sich die Band von ihrer besten Seite. Daniel Feith (Bass, Gitarre, Gesang), Michael Wittmann (Gitarre, Gesang), Bernhard Schlagbauer (Saxofon, Klavier), Fabian Eigenmann (Saxofon) und Matthias Kähni (Schlagzeug) sowie diverse Gastmusiker legten einen absolut souveränen Auftritt hin, der trotz aller Lockerheit und Lässigkeit auf der Bühne die Ernsthaftigkeit und Ambitioniertheit der Band unterstrich.

 

Fünf Jahre nach seiner Gründung zählt Gorilla Rodeo! zweifelsohne zu den musikalisch versiertesten Gruppen der Region, was von den Gästen im Englwirt auch mit jeder Menge Applaus honoriert wurde.
 

Die wahren Qualitäten der im Ingolstädter Flatliners Studio aufgenommenen CD offenbaren sich aber erst beim konzentrierten Hinhören zu Hause. Wie bei der ersten CD bietet Gorilla Rodeo! eine breite stilistische Palette, die von Swing und Vaudeville über New Country, Westernmusik, Rock und Latin-Einflüssen bis hin zu Tom Waits und Ska reicht.

 

"Capricorn" ist ein gutes Beispiel für letztere Musikgattung: eine Uptempo-Nummer, vorwärtstreibend und sich ständig steigernd.

 

"The Long Way" ist praktisch die ideale Eröffnungsnummer für eine CD, Gute-Laune-Musik im Stil der US-amerikanischen Unterhaltung vor der Verbreitung des Fernsehens, während "Head in the Noose" als astreiner Swing durchgeht.

 

"Lonesome Road" ist eine leicht melancholische, westernartige Rocknummer, die dem Hörer sofort eine Gänsehaut auf die Haut zaubert. Angesiedelt irgendwo zwischen Bob Seeger, Nick Cave und den Rocky Mountains, gehört das Stück zu den stärksten Songs der CD.

 

Recht originell präsentiert sich "... and the Devil may care": Westernklänge, Mariachi-Trompeten und als Mittelteil eine saubere Latin-Einlage.

 

Und schließlich sind da noch "Hell of a Lady" und "The Song of Maybes", zwei richtige Sauflieder zum Mitgrölen, bei denen Tom Waits nicht nur stimmlich Pate gestanden hat. So was kann funktionieren oder aber auch völlig in die Hose gehen – Gorilla Rodeo! hat’s hervorragend umgesetzt.

 

Das liegt nicht nur an den handwerklichen Qualitäten der einzelnen Musiker (und natürlich der Gäste) und am Zusammenspiel, wobei natürlich Daniel Feiths Stimme schon ein Pfund ist, womit man wuchern kann. Gorilla Rodeo! pflegt mit Stücken in der Tradition von Tom Waits, Swing, Ska (plus Ausflügen in diverse andere Richtungen) eine Stilauswahl, wie es eben nicht jeder macht.

 

Die Amateurband setzt ihr Material auch geschickt um: Da gibt es langsame Steigerungen und abrupte Wechsel, Choreinsätze und solistische Partien, schnelle und tragende Stücke oder laute und leise Passagen. Gorilla Rodeo! nutzt alle sich bietenden Möglichkeiten und begeht nicht den Fehler, jede Sekunde mit Sound zu erdrücken. Die Band kann sich zurücknehmen – und erzielt dadurch wesentlich mehr Wirkung.

 

Bernhard Pehl

Donaukurier